Pflegehotels in Bayern – Utopie oder bald Wirklichkeit?
Pflegehotels in Bayern – Utopie oder bald Wirklichkeit?

Pflegehotels in Bayern – Utopie oder bald Wirklichkeit?

Ungefähr 75 Prozent der Menschen, die gepflegt werden, liegen nicht in Heimen, sondern werden zuhause versorgt. Von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet, leisten vor allem Frauen einen enormen Beitrag und bleiben dabei oft selbst auf der Strecke. Wie man zumindest zeitweise Entlastung schaffen kann, diskutierten nach Einladung der Freien Wähler Nürnberg unter Moderation der Sozialexpertin Margret Montfort-Schopen, Barbara Süß von der Angehörigenberatung Nürnberg, Christine Limbacher vom VdK und der Beauftragte der bayerischen Staatsregierung für Pflege und Patienten, Prof. (Uni. Lima) Dr. Peter Bauer, MdL.

NÜRNBERG – Bis zum Jahr 2030 rechnet man in Deutschland mit 3,4 Millionen Pflegebedürftigen, so Bauer. Die Hauptarbeitslast stemme aber nicht die professionelle Pflege, sondern Angehörige. Die Arbeit sei dabei nicht nur physisch, sondern auch psychisch anstrengend und verdiene höchsten Respekt. Auch Psychogerontologin Barbara Süß sieht große Gefahren für Überlastungen. Schließlich gelte im privaten Bereich kein Arbeitsrecht, es gebe keinen Feierabend oder Urlaub.

Das Konzept der Pflegehotels könnte dem zumindest teilweise entgegen wirken. Es sieht vor, leerstehende Hotels zu Kurzzeitpflegeeinrichtungen mit planbaren Buchungszeiten aufzuwerten, um Angehörige zu entlasten. Dies, so FW-Stadtvorsitzender Jürgen Horst Dörfler, sei auch nach Absprache mit dem Hotel- und Gaststättenverband flächendeckend möglich. Leerstehende Immobilien gebe es genug. Angehörige könnten so zumindest kurzzeitig entlastet werden und Energie tanken. Emotionale Gesundheit sei laut Barbara Süß dringend Notwendig, um der Belastung dauerhaft gewachsen zu sein. Dem pflichtete Christine Lembacher mit einem Zitat von Prof. Dr. Markus Gosch bei: „Der pflegende Angehörige ist der nächste Patient.“ Von der klassischen Kurzzeitpflege unterscheide das Pflegehotel vor allem die sichere Buchung eines Zimmers. Ebenso, erläutert Montfort-Schoppen, könne der Angehörige mit ins Hotel gehen und sich von der Pflegequalität überzeugen. Das sei hilfreich, um freie Zeit ohne schlechtes Gewissen genießen zu können. Gute Beispiele sehe man schon in anderen Ländern. Auch in Mecklenburg-Vorpommern gebe es gelungene Vorbilder. Das Pflegestärkungsgesetzt schaffe günstige Rahmenbedingungen, es fehle nur noch der unternehmerische Mut.

Experten, Moderation und Publikum waren sich am Ende der Veranstaltung aber einig, dass klugen Konzepte nur umgesetzt werden könnten, wenn man auf dem Arbeitsmarkt auch Mitarbeiter dafür finden könnte. Hierfür sei eine Pflegekammer dringend notwendig, bestätigte Peter Bauer. Derzeit wisse man nicht einmal wie viele Pflegekräfte es in Bayern gebe, wie viele Stunden sie arbeiteten oder wie sie qualifiziert seien. So könne man keine vernünftige Pflegepolitik entwickeln. Moderatorin Montofort-Schopen und Gastgeber Jürgen Horst Dörfler beendeten den Abend mit einem ambitionierten aber umsetzbaren Ziel: „Mindestens ein Pflegehotel in jedem Regierungsbezirk.“


Bericht von Martin Johannes Maier


1: v. l. Barbara Süß von der Angehörigenberatung Nürnberg, Prof. (Uni Lima) Dr. Peter Bauer, MdL, Patienten- und Pflegebeauftragter der bayerischen Staatsregierung und Christine Limbacher vom VdK.

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